Dr.Anton Stangelberger FEBU

FA für Urologie und Andrologie

Villa Medica- Medizinisches Kompetenzzentrum Mödling

Neusiedlerstraße 19, 2340 Mödling

 

Erektile Dysfunktion als Gesundheitsindikator- Was ist wichtig, wenn die Erektion nachläßt

 

Hintergrund, Ursachen, Zusammenhänge mit anderen Erkrankungen, Diagnose, Therapiemöglichkeiten der Erektilen Dysfunktion

 

 

Viele Männer sind im Laufe ihres Lebens mit Erektionsproblemen konfrontiert. Unter Erektionsstörung verstehen wir die dauerhafte Unfähigkeit, eine für den befriedigenden Geschlechtsverkehr notwendige Erektion zu bekommen und/oder diese auch aufrecht zu erhalten. Erektionsprobleme haben deshalb enorme Auswirkungen auf die physische und psychische Gesundheit des Menschen.

Die Häufigkeit der Erektilen Dysfunktion (infolge ED genannt) nimmt generell mit dem Lebensalter zu. So beklagt schon jeder 4. Patient unter 40 Jahren Erektionsprobleme.   Liegt Häufigkeit der ED bei Männern zwischen 40-70 Jahren bei 52 % so steigt die  Zahl der Betroffenen bei über 70- jährigen Männern auf  70% an.

 Finden sich bei jüngeren Männern eher psychologische Faktoren, die sehr oft durch Stress im Beruf oder in der Partnerschaft bedingt sind als Ursache der ED, so gewinnen im Laufe des Lebens zusätzlich auch Risikofaktoren wie Rauchen, Stoffwechselfaktoren und Gefäßveränderungen eine zunehmend wichtige Rolle. Außerdem können Nerven und Gefäße im kleinen Becken, die für Erektion wichtig sind, durch Operationen, Strahlen- oder Chemotherapie geschädigt werden.

Diabetes, Hypertonie und Fettstoffwechselstörungen haben einen engen Zusammenhang mit der Entstehung einer erektilen Dysfunktion. Die Risikofaktoren für erektile Dysfunktion sind somit die Gleichen wie für kardiale Herzerkrankungen. Stoffwechselveränderungen im Sinne von erhöhten Blutfettwerten und erhöhten Zuckerwerten kommen bei Patienten, die unter einer Erektilen Dysfunktion leiden etwa doppelt so hoch wie bei dem alterskorrigierten Gesamtkollektiv.

Aus zahlreichen Studien der letzten Jahre wissen wir, dass Erektionsprobleme oft Jahre vor Herz-Kreislaufereignissen auftreten. Die Erektile Dysfunktion geht den kardialen Ereignissen in 70% der betroffenen Männer um durchschnittlich zwei Jahre voraus. Interessanterweise ist das Risiko, ein kardiales Ereignis zu erleiden bei jungen Patienten mit ED höher.

Deshalb wurde oft der Vergleich des Penis als Antenne des Herzens angestellt. Die Erektionsqualität kann somit als sensitiver Marker für die Gesundheit des Mannes gesehen werden. Umgekehrt wurde bei Patienten mit koronarer Mehrgefäßerkrankung  in 60% eine erektile Dysfunktion gefunden.

 

Eine oft unterschätzte Ursache der erektilen Dysfunktion ist das Rauchen. So wie Nikotin die Gefäße des Herzens schädigt, so werden  auch die kleinen Kapillaren am Penisschwellkörper funktionell geschädigt.

 

Hormonelle Faktoren sind ebenfalls oft Ursache für eine schwache oder fehlende Erektion. Insbesondere das männliche Geschlechtshormon Testosteron spielt eine zentrale Rolle bei der männlichen Lust und sexuellen Funktion. Hormonelle Ursachen für eine erektile Dysfunktion können in Erkrankungen der Hirnanhangsdrüse, der Hoden, der Schilddrüse und der Nebenniere liegen (zB. hohes Prolaktin, Fehlen der Steuerungshormone für den Hoden LH und FSH, Cortison)

 

Wichtig ist es auch, medikamentöse Ursachen der erektilen Dyfunktion herauszufinden. Nicht wenige unserer Patienten mit Erektionproblemen nehmen regelmäßig β Blocker, Thiaziddiuretika, Fibrate, Digitalis, Antiarrhythmika oder antiandrogene Substanzen ein, die sich negativ auf die Entstehung und Erhaltung der Erektion auswirken. Es konnte gezeigt werden, dass Statine, die zur Behandlung zu hoher Serumlipidspiegel eingesetzt werden, den Testosteronwert senken können, was sich wiederum negativ auf die Erektion auswirkt. Denn ohne Testosteron, keine Erektion.

Psychopharmaka (insbesondere trizyklische Antidepressiva, SSRI , Neuroleptika und Sedativa hemmen die für die Erregung zuständigen zentralen Regionen unseres Gehirns und haben meist als Nebenwirkung erektile Dysfunktion.

 

Findet sich bei einem Mann eine Erektionsstörung, so wäre es falsch, dieses Frühwarnsymtom zu ignorieren und lediglich mit einer Wunderpille der Erektion wieder auf die Sprünge zu helfen. Einer genauen Anamnese evtl auch mithilfe von standarisierten Fragebögen wird eine sorgfältige urologische Untersuchung mit Ultraschall, Laboruntersuchung mit Testosteron, SHBG, Blutzucker, Lipidprofil, Nüchternblutzucker und HbA1c angeschlossen.

Da Erektionstörungen oft Jahre vor einem Herzinfarkt auftreten, muss ergänzend zur urologischen andrologischen Abklärung eine genaue internistische Untersuchung der Gesundheit des Herz-Kreislaufsystems des betroffenen Patienten erfolgen. Deshalb ist es wichtig bei der Untersuchung von Patienten mit Erektionsproblemen auf Fettstoffwechsel, Diabetes mellitus und arterielle Hypertonie zu achten.

Vor dem Einleiten einer Therapie mit Medikamenten für die Erektionsstörung sollte unbedingt eine Evaluation der Leistungsfähigkeit des Patienten erfolgen. Patienten gelten als fit für eine Therapie mit PDE 5 Hemmern, wenn sie keine kardiale Vorgeschichte haben und mindestens 20min rasch ohne Beschwerden gehen können. Ist dieser Grad der körperlichen Aktivität nicht oder unsicher möglich, so sollte eine ergometrische Untersuchung beim Internisten feststellen, ob eine Kontraindikation für die Therapie mit Medikamenten für die Erektion besteht.

 

Therapie

An erster Stelle der Therapie sollte die Beratung über eine Lifestylemodifikation stehen. Wichtige Lifestylemodifikationen bei Patienten mit ED beinhalten Gewichtsreduktion, regelmäßiges Ausdauertraining, Kontrolle von Blutdruck und Optimierung der Ernährung mit Augenmerk auf optimale Blutzuckerwerte und  Blutfette. Werden zeitgerecht Risikofaktoren für Erektion und kardiale Erkrankungen modifiziert, so  kann eventuell ein späterer Herzinfarkt oder Insult vermieden werden.

Nach Ausschluss von kardialen Erkrankungen sollte Testosteron, sofern ein Mangel besteht, substituiert werden da PDE 5 Hemmer ohne ausreichende Testosteronspiegel  nicht wirken können. Nach neuesten Daten trägt eine Testosterontherapie nicht zur Entstehung von kardialen Krankheiten bei, es sollte jedoch wegen der erhöhten kardialen Komorbidität bei ED Patienten immer eine Kooperation mit einem Internisten/Kardiologen gesucht werden. Vorsicht ist bei Patienten mit Prostatakarzinom geboten, da diesen nach geltenden Leitlinien kein Testosteron zugeführt werden sollte.

Während einer Testosterontherapie sollte man auch darauf achten, dass der Patient  kein Schlafapnoesyndrom hat, da sich diese Erkrankung bei betroffenen Patienten unter Testosterontherapie verschlechtern kann. Die Kontrolle von Blutbild, Leberfunktion, Fettstoffwechselparameter und PSA sollte unbedingt regelmäßig erfolgen.

Bei psychologischen Ursachen, die meist bei körperlich gesunden Patienten vermutet werden, sollte früh eine sexueltherapeutische Begleitung angeboten werden.

Medikamentöse Therapiemöglichkeiten, sogenannte Phosphodiesterasehemmer sind eine symtomatische Therapie und dürfen nur begleitend zur Optimierung aller ED Risikofaktoren verwendet werden. Phosopdiesterase 5 Hemmer hydrolysieren zyklisches Guanosylmonophosphat (cGMP) im Gewebe des Schwellkörpers, es kommt zu einer Stickstoffmonoxydfreisetzung, die zur Relaxation der glatten Muskulatur des Schellkörpergewebes und so zur Erektion führt.

Aus der Gruppe der PDE 5 Hemmer steht uns heute Sildenafil, Tadalafil, Verdenafil und Avanfil zur Verfügung.

Tadalafil zeichnet sich durch seine längere Halbwertszeit von bis zu 36 Stunden aus, die den Paaren mehr Spontaneität beim Sexualleben geben sollen. Der neueste Stoff auf dem Markt-Avanafil- hat gegenüber den anderen Substanzen einen deutlich rascheren Wirkungseintritt von 15-30min.

Kontraindikationen für diese PDE 5 Hemmer sind der Zustand nach Myokardinfakt, Insulte, lebensbedrohliche Arrhythmien in den letzten 6 Monaten, deutliche Hyotonie oder Hypertonie, instabile Angina pectoris, stabile Angina pectoris bei  Koitus oder Herzinsuffizienz ≥ NYHA II. Ebenso dürfen gleichzeitig keine Nitropräparete für Angina pectoris eingenommen werden, da mit lebensbedrohlichen Blutdruckabfällen zu rechnen ist. Vorsicht ist auch bei der Kombination von α Blockern wie Doxazosin und Tamsolusin geboten. Patienten, die eine Therapie mit α Blockern wegen Symtomen einer Prostatahyperplasie erhalten, sollten mit einer geringen Dosis des PDE 5 Hemmers beginnen. Da PDE 5 Hemmer auch eine relaxierene Wirkung auf die Blase und Prostata haben, bessern sich Beschwerden im unteren Harntrakt (lower urinary tract Symtoms- LUTS) auch durch die Potenztherapie, sodass oft keine α Blocker mehr gleichzeitig eingenommen werden müssen.

 Die PDE 5 Hemmer sind somit auch ein wirksames Medikament für die überaktive Blase.

 Alle Präparate sind gut verträglich. Als Nebenwirkungen können Kopfschmerzen, Flush, verstopfte Nase Muskel- und Rückenschmerzen auftreten.

Stellt sich der gewünschte Effekt nicht ein oder wird das Präparat nicht gut vertragen, so kann eine Umstellung auf einen anderen PDE 5 Hemmer sinnvoll sein und zum Erfolg führen.

 

Bei fehlendem Ansprechen auf die Therapie mit PDE 5 Hemmern stehen alternativ auch die Behandlung mit Vakuumpumpe , extrakorporale Stoßwellentherapie, Alprostadilinstillation in die Harnröhre (MUSE), und die Schellkörperinjektionen (Caverject) zur Verfügung. Letztere Möglichkeiten sind jedoch in den vergangen Jahren durch die sehr guten Therapieerfolge der PDE 5 Hemmer und die höhere Hemmeschwelle, diese invasiveren Methoden anzuwenden, in den Hintergrund getreten.


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Blasenschmerzen
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Welchen Sinn macht die Biopsie von Nierentumoren
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Die Aktion Movember macht mit Veranstaltungen und Informationskampagnen auf das Thema Männergesundheit aufmerksam. Gemeinsam mit LR Mag. Wilfing und Vetretern der Urologie aus Niederösterreich